Umsatzsteuerreform “Quick Fixes” zum 01.01.2020

Eine EU-einheitliche Reform soll das Mehrwertsteuersystem einfacher und weniger betrugsanfällig machen und gleichzeitig sicherstellen, dass Unternehmen die Vorteile des Binnenmarktes auch in vollem Umfang nutzen können. Bereits seit 2016 arbeitet die Europäische Kommission an dem weitreichenden Umbau des Umsatzsteuerrechts. Der innergemeinschaftliche Handel in der Europäischen Union soll durch die Reform erleichtert werden. Im Wesentlichen soll dies durch die Abschaffung der Mehrwertsteuerfreiheit grenzüberschreitender Lieferungen zwischen Unternehmern und der Besteuerung einer Lieferung nur im Bestimmungsland gelingen.

Wir informieren Sie über die Umsatzsteuerreform 2020

Bis zur Einführung eines neuen, endgültigen vereinheitlichten Mehrwertsteuersystems treten voraussichtlich zum 01.01.2020 erst einmal kurzfristige Maßnahmen (= Quick Fixes oder Quick Five) in Kraft. Hierfür müssen seitens der deutschen Verwaltung noch entsprechende Gesetzesvorschläge zur Umsetzung der geänderten Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL, siehe auch  Art. 45a DVO EU Nr. 282/2011) in deutsches Recht erfolgen. Was sich mit der Umsatzsteuerreform 2020 voraussichtlich ändern wird, haben wir für Sie zusammengestellt.

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Wer ist von der Reform “Quick Fixes” betroffen?

Umsatzsteuerreform "Quick Fixes" zum 01.01.2020 1Die Mehrwertsteuerreform (MwSt.-Reform) beim Warenverkehr im Binnenmarkt betrifft alle Unternehmen mit grenzüberschreitenden Umsätzen.

Da die Mehrwertsteuerreform ohne Übergangsfristen unmittelbar ab dem 01.01.2020 gilt, sollten Unternehmen noch 2019 prüfen, welche Änderungen im Erklärungs- und Rechnungsstellungsprozess sowie bei den in ihren Systemen hinterlegten Informationen zu Lieferanten, Kunden und Geschäftsvorfällen – z. B. Umsatzsteueridenfikationsnummer (USt-ID) – notwendig sind.

Kurzüberblick Quick Fixes

  • Einführung der zwingenden Prüfung der USt-ID-Nummer zur materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Steuerbefreiung bei innergemeinschaftliche Lieferungen und Pflicht zur Abgabe der richtigen und vollständigen zusammenfassenden Meldung
  • Einheitliche Regelungen über Belegnachweise bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
  • Einheitliche Vereinfachungen bei innergemeinschaftlichen Warenlieferungen über Konsignationslager
  • Einheitliche Regelung der Reihengeschäfte

Die Umsatzsteuerreform verknüpft die Quick Fixes nicht mehr wie ursprünglich geplant mit der Einführung eines Zertifizierten Steuerpflichtigen (certified taxable person). Mit diesem Status sollten als fünfte Maßnahme Unternehmer Vereinfachungen bei der Abwicklung umsatzsteuerlicher Sachverhalte in Anspruch nehmen können. Als Voraussetzung für die Zertifizierung war geplant, dass Unternehmen neben der Zahlungsfähigkeit vor allem ein zuverlässiges und funktionierendes – bisher nicht weiter beschriebenes – internes Kontrollsystem nachweisen müssen. Der Status des Zertifizierten Steuerpflichtige wird nach dem Bericht des Europäischen Parlaments vom 25.01.2019 (Plenarsitzungsdokument A8-0028/2019) aber wohl dennoch mit der europäischen Mehrwerhtsteuerreform weiterverfolgt.

Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen

Ab 01.01.2020 darf der Lieferant die Steuerbefreiung bei grenzüberschreitenden Warenbewegungen anwenden, wenn gemäß Art. 138 Absatz 1 Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL)

  • die Gegenstände außerhalb des Mitgliedsstaates geliefert werden, in dem die Versendung oder Beförderung beginnt
    und
  • der Erwerber zum Zeitpunkt der Lieferung eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr) in diesem anderen Mitgliedsstaat besitzt und
  • der Lieferant eine zutreffende „Zusammenfassende Meldung“ abgibt. Die Zusammenfassende Meldung (ZM) ist eine Meldung an das Finanzamt, mit der jeder Unternehmer seine innergemeinschaftlichen Umsätze berichtet.

Damit wird die Bedeutung der USt-IDNr enorm erhöht. Zumal eine Steuerpflicht und die gesetzliche Umsatzsteuer auch bei Fehlern oder fehlender Anforderung anfällt. Die Verantwortung, die Identifikationsnummern qualifiziert abzufragen und das Ergebnis zu Nachweiszwecken zu archivieren, liegt beim Lieferanten.

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Regelungen zu Buch- und Belegnachweisen

Für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung muss der Unternehmer grundsätzlich nachweisen, dass die Ware tatsächlich ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist.

Daher einigte sich der ECOFINRat darauf, in die Durchführungsverordnung einheitliche Nachweise für die Anwendung der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen aufzunehmen. Liegen die in Art. 45a-neu geforderten Nachweise vor, wird nunmehr einheitlich in allen Mitgliedstaaten vermutet, dass eine innergemeinschaftliche Lieferung erfolgt ist.

Unternehmer veranlasst Lieferung zum Kunden

Zur Steuerbefreiung benötigt der Unternehmer entweder zwei Belegnachweise der Kategorie 3a, oder jeweils einen Belegnachweis der Kategorie 3a und 3b. Beide Nachweise müssen jeweils durch unterschiedliche Parteien ausgestellt worden sein und dürfen sich nicht widersprechen.

  • Kategorie 3a: Unterlagen zur Beförderung oder zum Versand der Ware z. B. unterzeichneter CMR-Frachtbrief, Konnessement, Luftfrachtrechnung, Rechnung des Beförderers
  • Kategorie 3b: Andere Dokumente wie Versicherungspolice, die die Bezahlung der Beförderung oder des Versands der Ware belegt; von einem Notar ausgestellte offizielle Unterlage, die die Ankunft der Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat bestätigen; von einem Lagerinhaber ausgestellte Quittung über den Wareneingang;

Kunde holt Lieferung beim Unternehmen ab

Im Abholfall wird zusätzlich zu den o. g. Belegnachweisen noch eine Art EU-Gelangensbestätigung gefordert: eine schriftliche Erklärung des Erwerbers, dass die Gegenstände vom Erwerber oder auf Rechnung des Erwerbers von einem Dritten versandt oder befördert wurden, und in der der Bestimmungsmitgliedstaat der Gegenstände angegeben ist.

Inhalt: das Ausstellungsdatum; Name und Anschrift des Erwerbers; Menge und Art der Gegenstände; Ankunftsdatum und -ort der Gegenstände; bei Lieferung von Fahrzeugen die Identifikationsnummer des Fahrzeugs; die Identifikation der Person, die die Gegenstände auf Rechnung des Erwerbers entgegennimmt.

Alternativ dazu sollen aber auch weiterhin die nationalen Nachweismöglichkeiten wie z. B. die Gelangensbestätigung genutzt werden können.

Auswirkungen bei Lieferungen über Konsignationsläger

Ab dem 01.01.2020 werden Konsignationslagerlieferungen als steuerbefreite „durchgehende“ Lieferung im Abgangsmitgliedsstaat und innergemeinschaftlicher Erwerb im Mitgliedsstaat angesehen, in dem sich das Lager befindet, wenn die Ware innerhalb von 12 Monaten entnommen wird.

Aus deutscher Sicht ist diese Regelung der Mehrwertsteuerreform eine erhebliche Vereinfachung, da aktuell zwar die innergemeinschaftliche Lieferung an das Konsignationslager steuerfrei ist, allerdings die Warenabnahme in Deutschland nicht.

Im Zusammenhang mit der Vereinfachung müssen aber gemäß Artikel 17a MsStSystRL zusätzliche Aufzeichnungs- und Kontrollpflichten erfüllt sein.

Voraussetzungen für Steuerbefreiung

  • Die Ware wird an ein Konsignationslager in einem anderen Mitgliedsstaat geliefert, um sie anschließend einem anderen Unternehmen zu liefern
  • Es besteht ein Vertrag über das Konsignationslager
  • Der Lieferant verfügt über eine USt-IDNr. im Abgangsland und hat keinen Sitz oder Betriebsstätte im Bestimmungsmitgliedsstaat
  • Der Abnehmer ist bereits zum Zeitpunkt der Versendung bekannt und er verfügt über eine USt-IdNr im Bestimmungsland
  • Die besonderen Aufzeichnungspflichten werden berücksichtigt z. B. Lieferant führt Register mit Abnehmer, Ware, Lagerung etc., Abnehmer führt Register mit der erhaltenen Ware
  • Es erfolgt eine Zusammenfassende Meldung als Konsignationslagerumsatz durch den Lieferanten
  • Die Waren müssen innerhalb von 12 Monaten nach Einlagerung in das Konsignationslager entnommen werden

Auswirkungen auf Reihengeschäfte

Mit der Mehrwertsteuerreform gibt es in diesem Bereich eine Neuerung: Erstmals werden Vorschriften zu sog. Reihengeschäften in die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Artikel 36a MwStSystRL) aufgenommen, also für den Fall, dass ein Gegenstand in der Kette geliefert wird. Leider wird in der MwStSystRL nur der Fall geregelt, in dem ein Zwischenhändler die Ware vom ersten Lieferanten an den letzten Abnehmer transportiert:

  • Versendet oder befördert der Zwischenhändler, so gilt die Lieferung vom ersten Unternehmen als bewegte und potentiell steuerfreie Lieferung
  • Abweichend davon ist die Lieferung durch den Zwischenhändler an den nachfolgenden Abnehmer die bewegte und potenziell steuerfreie Lieferung, wenn er seinem Lieferanten die USt-IdNr. mitteilt, die ihm vom Abgangsmitgliedstaat erteilt wurde

Nicht geregelt werden die Fälle in denen das erste Unternehmen in der Kette transportiert bzw. der letzte Abnehmer die Ware abholt (Abholfall).

Ausblick: das „endgültige System“ der Mehrwertsteuerreform

Konkrete Regelungen für das „endültige System“ liegen noch nicht vor, auch wenn die Umsetzung hier bis 2025 geplant ist. Folgende Themen werden aktuell verhandelt und werden sehr wahrscheinlich Bestandteil des neuen Umsatzsteuerrechts werden:

  • Besteuerung im Bestimmungsland / Lieferung in die EU
  • One Stop Shop
  • Vereinfachungen für Certified Taxpayer / Zertifizierte Steuerpflichtige. Hier sind ähnliche Regelungen wie für den AEO-Z in Diskussion.

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